24.06.2021. – Die Sonne brannte heiß vom wolkenlosen Himmel in Bad Soden-Salmünster. Ebenso brandaktuell war Thema des Kongresses, den der Main-Kinzig-Kreis an diesem Tag im Spessartforum ausrichtete. Fachleute aus ganz Deutschland widmeten sich auf der FORUM 2030 der E-Mobilität, hörten Vorträge, tauschen Informationen und Ansichten aus oder nutzten die Veranstaltung zum Netzwerken. „Genau das haben wir mit der FORUM 2030 auch beabsichtigt“ sagte Kreisbeigeordneter Winfried Ottmann in einer ersten Bilanz.
In seiner Einführung erläuterte der Wirtschaftsdezernent des Main-Kinzig-Kreises die Ziele der hochkarätig besetzten Veranstaltung: „Im Main-Kinzig-Kreis gibt es viele Zulieferbetriebe der Automobilindustrie und weitere Firmen, die Produkte und Dienstleistungen rund um diese Schlüsselindustrie anbieten. Der gesamte Automotive-Bereich steht in den nächsten Jahren vor großen Umwälzungen, die sich noch dazu in enormer Geschwindigkeit vollziehen. Die E-Mobilität und der Siegeszug von Elektrofahrzeugen werden unsere Welt und unser Leben verändern. Der Main-Kinzig-Kreis möchte diesen Prozess aktiv begleiten. Wir wollen die Voraussetzungen schaffen, um die Unternehmen in unserer Region bei dem tiefgreifenden Wandel zu unterstützen und die zahlreichen Arbeitsplätze zu sichern.“
Vor diesem Hintergrund schilderte Bernhard Wolf, Geschäftsführer der WOCO Industrietechnik GmbH in Bad Soden-Salmünster, die Herausforderungen für die Branche durch neue Rahmenbedingungen und sich verändernde Mobilitätstrends. Die „Arbeitswelten der Zukunft“ skizzierte Bernd Weidmann, Betreiber unter anderem des Gründerzentrums „Kinzig Valley“ in Gelnhausen. Er ließ keinen Zweifel daran, dass die Evolution im Automobilbereich in den kommenden Jahren deutlich an Dynamik zunehmen werde.
Auch Dominik Brasch, Bürgermeister von Bad Soden-Salmünster ist sicher, dass die Zukunft der Elektromobilität gehört. An die Teilnehmenden des Kongresses gerichtet sagte er: „Kommunen wie Bad Soden-Salmünster profitieren davon, wenn Verbrenner durch E-Fahrzeuge abgelöst werden. Für uns bedeutet der Vormarsch der E-Autos weniger Lärm und weniger Emissionen, auch auf der nahegelegenen Autobahn.“ Nach einer fahrgastlosen Probezeit setze die Kurstadt nun einen autonomen Shuttlebus ein und treibe auf diese Weise das Thema Elektromobilität auf kommunaler Ebene voran.
Ein Partner bei diesem zukunftsweisenden Projekt in der Kurstadt ist der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) , der bei der FORUM 2030 nicht nur als Hauptsponsor vertreten war. Dr. Sven Kohoutek, Leiter des Geschäftsbereichs Innovations- und Vertriebsmanagement bei der RMV Servicegesellschaft, gab einen Einblick, wie die flexible und umweltfreundliche Mobilität im Verkehrsverbund künftig aussehen könnte. Auch in diesem Bereich sei eine spannende Entwicklung zu erwarten, machte er deutlich.
„Unsere Veranstaltung ist rasch auf großes Interesse gestoßen“, bestätigte Walter Dreßbach, Leiter des Referats Wirtschaft, Arbeit und digitale Infrastruktur, die gute Resonanz für diese gelungene Premiere. Innerhalb kurzer Zeit nach der Veröffentlichung hätten sich zahlreiche Teilnehmende angemeldet, so dass die aufgrund von Corona beschränkten Kapazitäten bald erreicht waren. „Wir mussten sogar Personen absagen beziehungsweise darauf hinweisen, dass die Veranstaltung auf Youtube digital verfolgt werden kann“, erklärte Dreßbach. Doch das große Interesse zeige einmal mehr, wie das Thema Elektromobilität Fahrt aufnehme.
Intensiver Austausch und wichtiger Input für Entscheider in Politik und Verwaltung
Dreßbach und sein Team hatten Referentinnen und Referenten aus Wissenschaft, Forschung und Politik, von Kommunen, Unternehmen sowie aus unterschiedlichen Verbänden eingeladen, um gemeinsam mit den Teilnehmenden in Workshops über Chancen und Herausforderungen zu diskutieren. Die Themen dieser kompakten Arbeitskreise wiederum waren breit gefächert, befassten sich zum Beispiel mit der Ladeinfrastruktur, mit Forschung und Entwicklung neuer Mobilitätskonzepte oder mit den Aufgaben, die nun auf Kommunen und Politik zukommen. Winfried Ottmann und Walter Dreßbach erlebten den gewünschten „intensiven Austausch sowie wichtigen Input für die Entscheider in der Politik und der Verwaltung“.
So beleuchtete Raimund Nowak, Geschäftsführer a. D. der Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg, in seinem Vortrag die Frage, wie Kommunen E-Mobilität fördern können. Er stellte unter anderem ein Musterkonzept vor, in dem parallel zum Markthochlauf bei den Elektroautos der Fahrstrombedarf für die Autos aus in der Region neu zu errichtenden Solaranlagen gedeckt wird. „So wird der Klimaschutzeffekt der Elektromobilität glaubhaft nachgewiesen und die regionale Wirtschaft gestärkt“, führte Raimund Nowak aus. Das Konzept plädiert für eine intensive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, die bisher den alternativen Antrieben und neuen Mobilitätskonzepten skeptisch gegenüber stehen.
Kurt Sigel, Präsident der Bundesverbandes E-Mobilität, wies darauf hin, dass am Tag der Veranstaltung ein großer Automobilhersteller aus seiner Heimatstadt Ingolstadt bekanntgegeben habe, ab dem Jahr 2026 keine neuen Verbrenner-Modelle herzustellen. Für den Verbandspräsidenten dürfte das eine gewisse Genugtuung bergen: „Als Befürworter der E-Mobilität sind wir lange verlacht worden, inzwischen werden wir ernst genommen. Wer hätte vor vier oder fünf Jahren gedacht, dass Elektroautos einmal eine Reichweite von 350 bis 450 Kilometern erreichen könnten. E-Fahrzeuge, auch E-Räder sind eine Erfolgsgeschichte.“ Er plädierte dafür, die Photovoltaik in Deutschland weiter auszubauen: „75 Prozent der deutschen Unternehmen haben noch keine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach. Das muss sich ändern. Strom aus anderen Ländern zu importieren schafft neue Abhängigkeiten.“
Über die Möglichkeiten des Recyclings von den wachsenden Mengen von Batterien berichtete Dr. Benjamin Balke von der Fraunhofer-Einrichtung für Werkstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie aus Hanau. Bis zum Jahr 2025, so schätzen die Experten, wird der Bestand auf 2 bis 3 Millionen Elektrofahrzeuge in Deutschland ansteigen. Somit sei in nächster Zeit mit einem stetig wachsenden Aufkommen an ausgedienten Traktionsbatterien zu rechnen. Um die E-Mobilität nachhaltig zu gestalten, wichtige Ressourcen zu sichern und unnötigen Umweltbelastungen vorzubeugen, müssen innovative Recyclingverfahren für die industrielle Massenanwendung weiterentwickelt und geschlossene Wertstoffkreisläufe für Batteriematerialien etabliert werden. Dieser Aufgabe stellen sich die Forscher in Hanau. Auch die ebenfalls im Industriepark Wolfgang angesiedelte Materialtechnologie- und Recyclingkonzern Umicore widmet sich seit Jahren mit großem Erfolg diesem Thema, wie Projektmanager Dr. Paul Spurk informierte.
„Dieser sehr konkrete und praxisnahe Ansatz war uns besonders wichtig“, betonte Kreisbeigeordneter Winfried Ottmann. Ein weiter Fokus lag auf den Veränderungen am Arbeitsmarkt und den Auswirkungen für die zahlreichen Beschäftigten. Dazu wusste Klaus Ditzel, Betriebsratsvorsitzender der NORMA, beispielhaft zu berichten. Denn mit Unterstützung der IG Metall ist es gelungen, diese Transformation auch in einem aktuellen Tarifvertrag zu verankern.
Greifbar wurde das Thema Elektromobilität auch auf dem weitläufigen Gelände hinter dem Spessartforum. Aufgereiht parkte dort eine wahre Armada von Autos. Sehr unterschiedlich in Farbe und Design, Preis, Größe und Ausstattung einte sie ein Buchstabe: Ein großes „E“ auf dem Nummernschild, das sie allesamt als Elektrofahrzeuge kennzeichnete. Auch Ladesäulen und Ladevorgänge wurden präsentiert. Prominent platziert stand ein paar Meter weiter ein Auto in leuchtendem Orange mit Schweizer Nummernschild. Dessen Fahrer, Peer E. Haupt, war bereits am Vortag angereist. „Was mir am heutigen Kongress gefällt, ist die Vielfalt. Hier gibt es Vorträge und Workshops. Dazu eine Ausstellung und Vorführungen rund um die E-Mobilität. Es ist für jeden etwas dabei“, sagte er. Auf der FORUM 2030 wollte er sich freilich nicht nur weiter vernetzen, sondern auch für sein Projekt werben, die ENordkappchallenge: „Mit einem E-Auto kann man zur Arbeit fahren, aber auch bei extremen Minustemperaturen, Eis und Schnee ans Nordkap. Unsere Teams beweisen bei der Challenge, dass diese Autos auch für Fernreisen geeignet sind und unter extremen Bedingungen funktionieren.“
Dieser publikumsträchtige Bereich war in diesem Jahr aufgrund von Corona deutlich eingeschränkt, wie Walter Dreßbach erläuterte. Doch sein Blick richtet sich schon auf das kommende Jahr. „Wir haben sehr viele positive Rückmeldungen von den Teilnehmenden erhalten und planen daher schon für 2022“, sagte er. Die Voraussetzungen in Bad Soden-Salmünster wurden allgemein als „sehr geeignet und attraktiv“ bewertet. Daher gebe es ein hohes Interesse, diese in Deutschland beispielhafte Veranstaltung in der Kurstadt fest zu etablieren.
Walter Dreßbach (Referatsleiter)
Wirtschaft, Arbeit und digitale Infrastruktur
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